Es war einmal…
Die Geschichte der Entwicklung vom Sülte e.V.
Gründung
Der Wunsch nach Erweckung war in Hildesheim immer stärker geworden. Nach einer Reihe von gemeinsamen Glaubenskursen setzten einige Christen aus Hildesheim das, was sie im Gebet erkannt hatten, in die Tat um: Sie zogen Lobpreislieder singend um das verfallene Gemäuer des ehemaligen Sülteklosters in der Innenstadt herum und nahmen es für Jesus ein.
Eine Teilnehmerin formulierte: „Die Bibel kennt keine Glaubensrichtungen; sie wendet sich an die Gemeinden unterschiedlicher Orte. Sie begeistert uns, im Angesicht der Geschwister, Jesus selbst zu erkennen. So sind auch wir Christen in Hildesheim.“
Was aber ist es, was alle Christen eint? Es ist das Gebet, die Verehrung und Anbetung Jesu.
Im Geist hatten sie die Worte „Glaube, Hoffnung und Liebe“ über dem neu errichteten Gebäude der Sülte gesehen und wussten, dass Jesus sie in eine Arbeit führen wollte, in der seelisch kranke und leidende Menschen geheilt werden sollten.
„Viele Christen strengen sich echt an, mit Jesus zu leben, und kommen trotzdem auf keinen grünen Zweig, weil sie innerlich nicht heil werden. Als wir das unter die Lupe nahmen, entdeckten wir dass tatsächlich bei vielen Christen die seelische Not erst zum Ausbruch kommt, wenn sie ihr Leben Jesus geben.“
Doch Jesus bietet ja nicht nur kaputten Christen ein heiles Leben an, vielmehr kümmert er sich um alle, die zu ihm kommen. Darum sollten in dem Sültekloster allgemein Hilflose, Bedürftige und Lebensuntüchtige einen Ort der Hilfe und Heilung finden.
Die Sültequelle neben dem Kloster sollte zu einem Ort des Aufbruches werden, von dem aus Ströme lebendigen Wassers in die Welt fließen sollten. Dazu würden Menschen ausgerüstet werden müssen, weltweit das Evangelium von Jesus Christus in Wort und Tat zu verkündigen.
Am 2. Mai 1996 wurde dazu der Verein Lebenszentrum Sülte gegründet.
Man traf sich regelmäßig, ließ sich Pläne für den Wiederaufbau zeichnen, errechnete die Kosten und arbeitete an konkreten Konzepten für die Nutzung des zukünftigen Gebäudes. Die Stadt wurde über das Vorhaben in Kenntnis gesetzt und es wurde gebetet, gebetet, gebetet
Die Euphorie war groß. Einheit in Gebet, Lobpreis und Anbetung war deutlich zu spüren. Der Heilige Geist goss Gaben aus: Menschen, die Bilder hatten, in Sprachen beteten und sangen; prophetische Reden und Weissagungen waren an der Tagesordnung. Die Christen in Hildesheim standen beieinander und warteten darauf, wann Jesus ihnen die Sülte geben würde.
Immer wieder gab es Interessenten, die sich daran erprobten, die Auflagen, die mit dem Erwerb der Ruine gestellt waren, zu erfüllen. Doch man ließ sich nicht beirren. Es wurde weiter gebetet, verehrt und gelobt. Je größer aber der Glauben an die Verheißung war, desto endgültiger wurde die Aussicht, dass die Ruine des Sülteklosters einer Hotelkette zufallen würde.
Kurz vor der Expo 2000 wurde in Hildesheim ein neues Hotel eingeweiht.
Das war ein gewaltiger Dämpfer. Hatte es nicht eine Verheißung gegeben? Was war schiefgelaufen? Das sichtbare Zentrum, um das man sich in Hildesheim scharen wollte, war genommen. Allmählich zerbröselte die Einheit. Eine beteiligte Gemeinde spaltete sich und tat sich schwer, weiter an der geistlichen Einheit mitzuwirken. Der Fokus von Erweckungsarbeit in Hildesheim fiel zurück auf die einzelnen Gemeinden.
Wenn es sich bei dem Sültekloster um ein Fernziel Jesu in Hildesheim handelte, war damit auch die übergemeindliche Einheit gemeint?
Das Lebenszentrum Sülte verlor seine Position als Forum aller Christen in Hildesheim und wurde zusehends eine Arbeit des CVJM. Vielleicht wurden Jahreshauptversammlungen zunehmend nur noch aus Sentimentalität abgehalten und um die immer geringeren und unregelmäßigen Mitgliedsbeiträge korrekt zu verwalten.
Mensch in seelischer Not – das unsichtbare Zentrum
Dennoch wurde sich weiterhin um benachteiligte und hilfesuchende Menschen gekümmert: Sie fanden praktische Hilfe, Unterkunft in Wohngemeinschaften, Begleitung im täglichen Leben, hörende Ohren und betende Hände.
Immer mehr Menschen wurden so unterstützt und dadurch innerlich immer ein Stückchen freier.
Tatsächlich im Himmel zu leben, wo Zeit keine Rolle spielt, war für alle nicht nur Ausblick, sondern Teil der Gegenwart: Jesu Tod am Kreuz ist heute genauso aktuell wie damals; wo Orte und Dinge keine gegenständliche Bedeutung haben: Seine Gemeinde ist der wiedererrichtete Tempel; und wo höchste Freude daraus resultiert, die Ehre nicht für sich, sondern für Jesus in Anspruch zu nehmen.
Auf dem Osterberg befand sich ein alte Gärtnerei, die schon seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr zur gärtnerischen Produktion verwendet worden war. Stück für Stück hatten Freunde und Mitarbeiter eines Landschaftsgärtners das Gelände seinem wunderschönen Dornröschenschlaf entrissen und gleichzeitig LKW-weise Sperrmüll und andere Altlasten entsorgt.
Hin und wieder wurden einige hilfesuchende Menschen eine Beschäftigung in der Gärtnerei angeboten.
Arbeitsmodell – Taglohn
Zunächst suchten wir nach Vorlagen und besuchten daher verschiedene Lebenszentren, Rehaprojekte, christliche Wirtschaftsfachleute und gärtnerische Arbeiten in Deutschland und in der Schweiz. Viele Anregungen konnten wir dankbar verwerten; am meisten Eindruck machte das Taglohn-Modell Laebesruum (Lebensraum) in Winterthur auf uns.
Wir fanden es passend zu unseren bisherigen Erfahrungen, dass dort die Mitarbeitenden tage- und stundenweise Beschäftigung finden konnten und für den Fall, dass es keine Arbeit für sie gab, eine alternative Tagesbeschäftigung angeboten wurde.
Beschäftigung für Seelsorge-Klientel
Dieses Modell projizierten wir auf unsere Situation, in der wir einen hohen Anteil Unregelmäßigkeit erwarteten. Gerade die Leistungsschwächeren brauchen viele Pausen, nicht selten auch längere Phasen für Regeneration und Krankheit. Dass ein solches Modell nicht völlig finanziell tragfähig sein kann, war uns vor dem Hintergrund der letzten Pleite sehr bewußt.
Darum ersannen wir uns eine Vision, in der es ein Netzwerk gäbe aus christlichen Betrieben der Region, die Taglohn-Teilnehmer beschäftigen würden. Dafür erstellten wir ein Schaubild, in dem wir Betriebe verschiedener Branchen mit individuellen Verhältnissen von Fachpersonal zu Taglohnkräften darstellten. Zusätzlich planten wir, Taglohn-Teilnehmer zu Einsätzen in christlichen Privathaushalten schicken zu können. Wer übrig blieb, sollte in der Gärtnerei auf dem Osterberg eine Beschäftigung finden.
Teilnehmer sollten vornehmlich aus dem Einzugsgebiet der Seelsorge kommen. Kunden würden in der Hildesheimer Gemeindelandschaft geworben werden. Die Betriebe existierten entweder schon oder würden allmählich von Hinzugekommenen gegründet werden. Es war ein gemeinsames Mittagessen, eine einleitende Andacht, ein Ruheraum und regelmäßige Sport- und Freizeitaktivitäten geplant.
Gespickt mit einigen theoretischen Überlegungen und Denkansätzen wie z.B. über Nachhaltigkeit, Arbeitszeitmodelle oder Rationalisierung im Licht der Wahrheit Jesu stellten wir die gesamte Vision als homepage unter www.suelte.de ins Internet.
Gleichzeitig schlossen wir gemeinsam einige über den Winter liegen gebliebene Aufträge der Landschaftsgärtnerei ab und bemühten uns um Förderung des Taglohn-Modelles Osterberg beim Staat, der EU und anderen geeigneten Einrichtungen.
Außerdem begann der Hauskreis auf dem Osterberg. Ein Klavier, das vorher beim CVJM stand, war leihweise auf den Osterberg gebracht worden. Dort hielt es dann für den Lobpreis her, teilweise im Winter im ungeheizten Haupthaus, notdürftig mit einem Baustrahler aufgewärmt. Verständlicherweise kamen nicht allzu viele Teilnehmer zu diesen Abenden. Manchmal konnten nicht mehr als ein paar Lieder gesungen werden, weil die Klaviertasten zu kalt waren und die Finger beim Spielen lähmten.
Nachdem auf dem Osterberg im Vorjahr ein kleines Feld für Kürbisse angelegt worden war, ein Verschlag für Laufenten an- und das Gewächshaus teilweise wieder freigelegt worden war, stieß ein junges Mädchen aus der Seelsorgearbeit als Mitarbeiterin zu uns auf den Osterberg und übernahm die Produktion von Gemüse, das seinen Absatz zunächst privat unter den Mitgliedern des CVJM fand. Unter ihrer Hand blühte der Osterberg erstmalig so richtig auf. Die Vorarbeit war gemacht, und gleichzeitig ein zweites Feld kultiviert worden.
Ebenfalls begannen wir, verschiedene Gemeinden zu besuchen und unser Taglohn-Modell dort vorzustellen, Gemüse zu verkaufen und um Unterstützung zu werben. Noch war natürlich nicht viel zu sehen.
Ein persischer Christ, der seit Beginn meiner Arbeit auf dem Osterberg schon dabei gewesen war, half maßgeblich mit, weiterhin Geld im Landschaftsbau zu verdienen. Dabei verbesserten sich seine sprachlichen und fachlichen Kenntnisse phänomenal. Zu dem Zeitpunkt wartete er schon auf seine Ausreise in die USA, wo er endgültig auf politisches Asyl hoffte, nachdem ihm dieses in Deutschland verwehrt geblieben war. Seine endgültige Zusage aus den USA hatte er übrigens am 10. September 2001 erhalten[2]!
Im Herbst trat dann das Lebenszentrum Sülte e.V. als Pächter des Osterberges auf. Damit war der Startschuss für das Taglohn-Modell gegeben. Wenig später konnte eine BSHG-Stelle in Trägerschaft des CVJM auf dem Osterberg eingerichtet werden. Ein junger Mann baute Stück für Stück das Büro, das als einziger kleinerer und isolierter Raum auch als Hauskreis- und Sozialraum diente, weiter aus.
Ein junger Künstler, der schon 2001 auf dem Osterberg gejobbt hatte, uns zwischenzeitlich immer wieder mal besucht hatte und von Mal zu Mal stärkere psychotische Symptome zeigte, quartierte sich zum Winter in diesem Büro ein und sorgte für eine recht durchgehende Wärme aus dem Holzofen. Er hatte die Eigenschaft, zu hören, wie die ihn umgebenden Menschen ihn verfluchten, „Heil Hitler“ riefen oder dergleichen, während er ihnen den Rücken kehrte. Selbstverständlich waren das Einbildungen. Aber selbstverständlich war das nicht für ihn. Und er konnte und wollte das auch nicht glauben. So ergaben sich häufig sehr anstrengende Situation, insbesondere auch mit dem BSHG-Mitarbeiter, der sich diesem Stress häufig nicht gewachsen sah. Schließlich wurde die Situation nicht mehr tragbar und ich musste den Künstler bitten, über Weihnachten zu seinen Eltern zurückzukehren. Daraufhin kam es fast zu einer gewaltsamen Auseinandersetzung mit ihm. Sofort setzten wir uns hin und beteten, das Jesus die Situation in seine Hand nehmen würde. Eine Stunde später fuhr ich ihn zum Bahnhof. An einer Ampel schaute er mich auf einmal völlig erstaunt an und sagte: „Du hast gar nichts gesagt. Und trotzdem habe ich Dich fluchen gehört!“ Wir konnten uns glücklich unter Tränen voneinander trennen.
Im Februar 2003 legten wir im Büro einen isolierten Holzboden. Aus unseren reichlich zweisamen Andachten wurden nun Gruppenstunden, in denen wir zu viert mit einem neuen Mitarbeiter auf der Basis einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme und einer neuen Praktikantin unsere Gedanken zu den Losungstexten austauschten. In dieser Phase verwendeten wir so viel Zeit, wie nie vorher und später wieder auf die Andachten. Teilweise saßen wir eineinhalb Stunden beieinander, diskutierten die Texte und beteten.
War es ursprünglich der Plan gewesen, dass Menschen mit seelischen Nöten am Taglohn-Modell teilnehmen sollten, so stellten wir jetzt fest, dass auch immer mehr Menschen, die Jesus nicht kannten, den Osterberg für sich entdeckten. Aber alle nahmen an den Andachten teil und vielleicht kam es dadurch, dass diese immer länger und tiefschürfender wurden.
Ab sofort gab es regelmäßig ein Mittagessen für alle, dessen Qualität immer besser wurde. Ein drittes Gemüsefeld entstand. Wir bekamen eine Apfelmühle und Mostpresse geliehen, mit der wir die reichhaltigen Apfelvorräte, die wir vorher noch zum Mosten gebracht hatten, selbst zu Saft verarbeiten konnten. Im Sommer erhielten wir von einem Jugendcamp eine Spende, für die wir uns ein Mostdruckfass kaufen konnten, so dass wir den frisch gepressten Saft auch über lange Zeit aufbewahren konnten und noch im Folgejahr davon trinken konnten.
Mehr und mehr Menschen kamen auf den Osterberg, um zu arbeiten. Zu besten Zeiten saßen wir mit über 20 Leuten zu Mittag. Weiterhin übernahmen wir Aufträge im Landschaftsbau und versuchten dabei, so viele Teilnehmer wie möglich mit zu den Einsätzen zu nehmen. Sicherlich ging dabei auch einiges schief, und doch wurde die Kundschaft immer mehr.
Der Gemüsebau wurde so groß, dass ein Marktstand gebaut und regelmäßig samstags in der Innenstadt aufgestellt wurde. Bei Wind und Wetter verkauften die meist ehrenamtlichen Mitarbeitenden alles, was so auf dem Osterberg wuchs und auch, was davon eingekocht wurde.
Zum ersten Mal im Februar begannen wir einmal monatlich einen sogenannten „Aktionstag“ für alle Unterstützer und Freiwilligen auf dem Osterberg zu veranstalten, an dem die Wege, erste Produktvorläufer von Zäunen, Gewächshaustische, Stellflächen für Topfpflanzen, Wintergrün, eine Blumenwiese, Kaminholz, Sandsteinmauern, eine Sandkiste für die Kinder, Komposte, Beete und vieles mehr entstanden.
Der ersten Konfirmandenaktionstag fand im Sommer statt. Ca. 25 KonfirmandInnen und BetreuerInnen legten in ca. 2 Stunden eine etwa 50 Meter lange Totholzhecke an.
Es war ein Projekt entstanden, das immer mehr Widerhall in Hildesheim fand. Zwar waren wir noch weit entfernt von einer durchgängigen Organisation, hatten uns vielmehr mit immer neuen Herausforderungen auseinander zu setzen, doch der Anfang war gemacht.
Zum Jahreswechsel beschäftigte uns dann die Aktion LOS: Uns war angeboten worden, das Taglohn-Modell in einem Stadtteil Hildesheims für Langzeitarbeitslose und Sozialhilfeempfänger durchzuführen. Dazu gab es erstmalig eine projektbezogene Förderung.
Schon im Vorfeld hatten wir auf dem Osterberg Besuch von Sozialarbeiterinnen der Stadt gehabt. Allgemein wurde unsere Arbeit begrüßt und einzelne Personen konnten über diese Schiene schon 2003 auf dem Osterberg beschäftigt werden, doch die Tatsache, dass die Andacht für alle verpflichtend war, verhinderte, dass uns Betreuungskosten von der Kommune erstatten werden konnten.
Indem wir uns auf eine von der EU und dem Bund geförderte Aktion einließen, mussten wir die Andacht vorziehen, damit die Teilnehmer aus Drispenstedt nicht gezwungen wurden, daran teilzunehmen.
Außerdem brauchte die Sache ein klareres Konzept, als es bisher nötig gewesen war. Zum einen stellten wir uns auf ein verändertes Klientel ein, das nämlich hauptsächlich durch die Möglichkeit eines Zuverdienstes motiviert war. Wie sollten wir aber so schnell bei einem relativ großen Andrang feststellen, wer wozu geeignet war?
Wir begannen, Checklisten auszuarbeiten, mit deren Hilfe wir die Fähigkeiten der zukünftigen Teilnehmenden festhalten konnten, so dass sie den Aufträgen bei Kunden korrekt zugeteilt werden konnten. Jeder neue Teilnehmende wurde an vier aufeinander folgenden Vormittagen auf dem Osterberg mit verschiedenen Mitarbeiter bekannt gemacht. So erhofften wir uns ein möglichst aussagekräftiges Profil dieser neuen Teilnehmenden.
Dazu benötigten wir aber auch mehr verantwortliche Mitarbeitende als bisher. Über die Projektmittel wurden zwei neue Mitarbeiterinnen für die Betreuung der Taglohn-Teilnehmenden eingestellt. Ein Ehepaar kam darüber hinaus mit auf die Gehaltsliste, das sich in die Arbeit auf dem Osterberg und in die konzeptionelle Mitarbeit einbrachte.
Gehälter im Projekt waren allerdings nie leicht auszuhandeln, denn sie standen kaum im Verhältnis zu der tatsächlichen Leistung. Richtiger müsste man wohl von Aufwandsentschädigungen oder finanziellen Dankesbezeugungen sprechen.
So kam es, dass die zwei Systeme des alten Taglohn-Modells mit Andacht, Mittagessen und Hauskreis und das neue Taglohn-Modell für den Hildesheimer Stadtteil Drispenstedt nebeneinander herliefen. Täglich gab es Kolonnen, die zu verschiedenen Aufträgen im Stadtgebiet fuhren, andere, die im Gartenbau auf dem Osterberg mitarbeiteten, wieder andere, die sich um das Mittagessen kümmerten, weitere im Büro und im Ausbau verschiedener Gebäude und Geländeteile.
Teilnehmer rekrutuierten sich aber nicht nur aus dem LOS-Projekt oder dem Kreis der bislang Betreuten, erstmals leisteten einige Teilnehmer auch gemeinnützige Arbeit für die Hildesheimer Gerichtshilfe ab. Angeregt durch eine Unterstützerin hatten wir Anfang des Jahres auch die Anerkennung des Oberlandesgerichtes erhalten, Zuwendungen in Form von durch Gericht und Staatsanwaltschaft verhängte Bußgelder einnehmen zu dürfen. Ich erinnere mich an einen Monat, als wir wieder nicht wußten, woher die fehlenden 2000 Euro herkommen sollten, als Jesus eine solche Bußgeldeinnahme besonders eindrücklich benutzte, um uns zu zeigen, wie er uns trägt.
Vier Monate lang bezogen wir nun theoretisch Mittel aus dem Förderprogramm und lernten in der Zeit mehr als 30 neue Teilnehmende kennen. Gleichzeitig hatten wir sehr offensiv Werbung an Kunden verschickt, so dass sich unser Kundenkreis um viele neue Kunden erweitert hatte. Das bedingte eine konzentrierte Verbesserung der Büroorganisation. Für die Buchhaltung wurde eine neue Mitarbeiterin eingestellt, die sich bis heute als ein ganz besonderes Geschenk Jesu erweist. Mit einem Mal blähte sich die Personalbuchhaltung zu ungeahnten Dimensionen auf.
Diese Zeit war für uns alle eine wahnsinnige Belastungsprobe. Dennoch hatte uns Jesus selbst in diese Situation hineingeführt. Immer wieder mussten wir feststellen, wie mangelhaft das, was wir erreichten, war, an wie vielen Ecken und Enden Fachkräfte gefragt waren; und doch hatten wir mehr Fachkräfte als je zuvor und dehnte auch unseren finanziellen Rahmen unablässig aus immer in Abhängigkeit von Jesus, weniger von der Situation.
Gegen Ende des Förderzeitraumes konnten wir immer deutlicher erkennen, wie einige Teilnehmer sich durch besondere Motivation und/oder Qualifikation auszeichneten. Grundsätzlich war es ja möglich, Arbeitsbeschaffungsmassnahmen für diese Teilnehmer einzurichten. Jedoch bedeutete das eine besondere Entscheidung für diese Menschen. Doch das Erstaunliche war, dass Jesus die Teilnahme am Förderprogramm dazu gebraucht hatte, verschiedenen Teilnehmenden die Möglichkeit zu geben, ihn kennen zu lernen. Für nicht alle, die wir vorschlugen, sollte eine ABM beantragt werden. Doch die Maßnahmen, die schließlich für diese Taglohn-Teilnehmenden beantragt wurden, wurden ausnahmslos genehmigt! Am Ende hatten wir insgesamt 9 besetzte AB-Stellen.
In dieser Zeit war ganz besonders die Standhaftigkeit des Vorstandes gefragt, der ja mit seinem persönlichen Vermögen für eine immer größer werdende monatliche Belastung haftete. Auch die Arbeitsbeschaffungsmassnahmen verursachen ja Kosten, die vielfach nicht durch Einkünfte aus Arbeit finanziert werden können. Oft waren die Sitzungen emotionale Wechselbäder, geprägt von Freude über das offensichtliche Wachstum und dann wieder von Furcht vor den damit wachsenden Risiken. Am Ende aber siegte dann doch immer das Vertrauen, der Glaube und die Hoffnung.
Auf eine weitere Zerreißprobe wurden wir gestellt, als wir im Zuge der Vorbereitung auf unsere Zusammenarbeit mit der Kommune versuchten, die Räumlichkeiten auf dem Osterberg einem akzeptablen Standard zu nähern. Nachdem die Heizung 2002 nach mehr als dreißig Dienstjahren endgültig ihren Geist aufgegeben hatte, waren wir ja seitdem ohne vernünftige Heizung, geschweige denn, dass das Gebäude ausreichend isoliert gewesen wäre. Sowohl Abwasser wie auch Trinkwasser waren vom Landkreis ebenso lange schon bemängelt worden. Es regnete durch das Dach durch.
Als der Vorstand mit der Verpächterin über die Behebung der Missstände beriet, war sie von dem Vorschlag des Vereins, den Teil des Geländes mit dem Gebäude zu kaufen, um selbst besser in das Objekt investieren zu können, so brüskiert, dass sie mittels ihres Anwaltes den Pachtvertrag auslaufen ließ und keiner Verlängerung zustimmte. Vielmehr sollten wir das Gelände innerhalb eines Monats räumen.
Es ging einfach nicht, mit einem laufenden Projekt und einer fertig geplanten Vegetationsperiode die Arbeit zu unterbrechen.
Nach längerer Auseinandersetzung war es dann im September soweit: Wir mussten gehen. Die Verpächterin hatte ihre Meinung nicht geändert. Vielmehr standen wir nass wie die Pudel im Regen und mussten den gerechten Zorn der Verpächterin über uns ergehen lassen, dass wir immer noch nicht weg waren. Was allerdings weniger schlimm zu ertragen war als der Umstand, dass es das zweite Mal war, dass eine aussichtsreiche Sache für Gott geplatzt war.
Erst hatte Jesus das Sültekloster als Ort für seine Arbeit beansprucht und es war nichts geworden. Jetzt hatten wir uns völlig naiv auf Jesus verlassen und rückhaltlos in den Osterberg investiert. Wir glaubten immer noch, dass unser Auftrag dort nicht beendet oder von Jesus zurückgezogen war.
In den letzten Monaten auf den Osterberg fanden wir ein Büro in der Stadt. Zunächst waren es nur vier Räume mit ca. 100 m² Fläche. Von dort aus organisierten wir die Taglohn-Arbeit. Als wir endgültig den Osterberg räumen mussten, stellte sich uns die Frage, wohin die klassische „Osterberg-Arbeit“ ziehen würde. Klar war, dass mit einigen Umständen die Dienstleistungen vom Büro und einem Werkzeuglager aus würden stattfinden können. Doch die Teilnehmenden, die grundsätzlich nicht im Dienstleistungsbereich arbeiteten, also gerade die besonders Leistungsschwachen und die mit dieser Gruppe befassten Mitarbeiter, hatten kein Betätigungsfeld mehr.
In der Tat brach der gemüsebauliche Zweig völlig ein, schon nach Bekanntwerden der nicht fortgesetzten Pacht hatten wir darauf verzichtet, den Marktstand weiter zu betreiben. Die Lösung für den Rest war, zunächst im CVJM ein Unterkommen zu finden und dann von Gemeinde zu Gemeinde zu ziehen und sich dort in der Gebäudepflege und im Garten einsetzen zu lassen.
Die Büros in der Borsigstrasse boten erstmals aber auch die Möglichkeit, eine schon lange ersehnte Textilwerkstatt für eine neue Mitarbeiterin einrichten zu können. Hier wurden Design-Lichtobjekte und verschiedene andere Artikel hergestellt.
Auch wurde es so möglich, das Augenmerk verstärkt auf die Werkstatt fallen zu lassen, die Produkte aus der kürzlich erst eingerichteten Produktentwicklung verwirklichte. Dort wurden auch die ersten Produktideen der Zäune aus geflochtenen Haselnussstangen weiterentwickelt.
Wir mussten uns nicht nur auf eine veränderte räumliche Situation einstellen, mit dem Jahreswechsel ergaben sich ja nunmehr auch gravierende sozialpolitische Veränderungen. Wir beschlossen, unsere Arbeit mehr zu spezialisieren und einerseits im Bereich der neuen sogenannten 1-Euro-Jobs gemeinnützig, wettbewerbsneutral und im öffentlichen Interesse tätig zu werden, andererseits damit zu beginnen, klar auslagerbare Betriebe vom gemeinnützigen Rest des Vereines abzugrenzen.
Mit der Zeit kristallisierten sich einige klare Bereich der Arbeit heraus:
Beschäftigung und Arbeit nahmen einen großen Teil unserer Zeit ein, allerdings gab es weiterhin viel Gemeinschaft und persönliche Unterstützung.
Es konnte zwischenzeitlich eine Halle angemietet werden. Dort wurden viele unterschiedliche Dinge gemacht: kleine Reparaturen an Autos und Maschinen, Holzarbeiten, Kaminholz und Holzwolle wurde produziert und als Verpackungsmaterial verkauft, aber auch weiterverarbeitet zu Weihnachtsdeko. Eine Mitarbeiterin beschäftigte sich mit Versuchen, aus Holzwolle vermarktungsfähige Verpackung für Pilze herzustellen. Wir vertrieben Holzspielzeug, handelten mit gebrauchten Büchern, stellten ab 2007 grüne Fahrräder mit biblischen Texten in die Innenstadt, rüsteten einen christlichen Buchladen aus und verkauften dort Lichtobjekte und Geschenke. Im Büro bedruckten wir Textilien zum Verkauf. Wir trugen Infos zu Veranstaltungen christlicher Gemeinden in Hildesheim zusammen und machten daraus ein Magazin, das in ganz Hildesheim als Printausgabe verteilt wurde.
Die auf dem Osterberg begonnene gärtnerische und landschaftgärtnerische Arbeit wurde ausgedehnt und erstmals sogar eine Ausbildung dazu angeboten.
Morgens gab es eine Andacht und mittags ein Mittagessen, das allen angeboten wurde. Jeder Geburtstag wurde gefeiert. Im Winter, wenn die gärtnerische Arbeit zum Erliegen gekommen war und es in der Halle eisig kalt war, veranstalteten wir verschiedene Seminare, z.B. stellten die Teilnehmer die Länder vor, in denen sie bisher gelebt hatten, oder es gab geschichtliche und politische Beiträge oder auch Seminare zu Pflanzenphysiologie. Es wurden Ausflüge organisiert und die Weihnachtsfeiertage zusammen gestaltet. Einmal ging die Reise bis in die Schweiz und an den Bodensee.
Einen kräftigen Einschnitt erlitt die Arbeit mit einer Kriese im kirchlichen Einflussbereich, so dass ein Großteil der Unterstützung einbrach. Hinzu kam, dass der Eigentümer des christlichen Buchladens verstarb und somit das Geschäft als solches aufgegeben werden musste. Später beteiligte sich der Verein an der Fortsetzung der Tätigkeiten im Ladengeschäft, das als christliches Forum und für Evangelisation offengehalten wurde.
Durch den Wegfall der meisten Aktivitäten, auch den Wegfall vieler Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen verkleinerte sich die Arbeit sehr, so dass gegen 2009 der gärtnerische Zweig am stärksten war. Als uns die Betreuung des katholischen Friedhofes im Bockfeld übergeben wurde, gründete der Verein eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung dazu, die Salix Friedhofsgärtnerei.
Dort werden bis heute auch Menschen eingestellt, die in irgendeiner Form benachteiligt sind. Mit den Jahren sind aus ehemals hilfebedürftigen Menschen Mitarbeiter geworden, die wiederum andere anleiten können. Darin sehen wir Gottes Segen.